Wilhelm Busch
Zu Neujahr
Will das Glück nach seinem Sinn
dir was Gutes schenken,
sage Dank und nimm es hin
ohne viel Bedenken.
Jede Gabe sei begrüßt,
doch vor allen Dingen
Das, worum du dich bemühst
möge dir gelingen.
Dieses Gedicht von Wilhelm Busch drückt aus, was wir einander zum Jahreswechsel wünschen, Glück und alles Gute in jeder Hinsicht und vor allem eben die Verwirklichung dessen, wofür man arbeitet und wonach jeder einzelne strebt…, also die Dinge, die man selbst beeinflussen kann.
Auf das kommende Jahr 2016 bezogen kann man sich berechtigte Hoffnungen machen, dass Vieles sich zum Besseren wendet, was im vergangenen Jahr noch als unlösbare Problematik erschien.
Dazu gehört leider nicht der Krieg im Nahen Osten umd die Herausforderung durch den religiös begründeten Terror, der eng mit den Kriegen in der Region verbunden ist. Die Situation dort scheint eher noch komplizierter zu werden, nachdem jetzt auch Russland in der Region mitmischt und damit seine eigene Problematik einbringt.
Auch die Rolle Saudi-Arabiens, eines Staates, der Massenexekutionenen durchführt, ist mehr als zweifelhaft.
Die Flüchtlingsproblematik aus dieser Region mit ihren unfassbar dramatischen menschlichen Tragödien macht wiederum eine Krise der Europäischen Union sichtbar, die nur wenige als so dramatisch erwartet hätten.
Durch die gezielt geschürte Fremdenfeindlichkeit in den osteuropäischen Ländern (wozu bis zu einem gewissen Grad leider auch der Osten Deutschlands gehört) ist der gemeinsame Wertekanon bereits gescheitert, Europa ist politisch zerbrochen oder zumindest von tiefen Gräben durchzogen. Wo vorher offene Grenzen waren, stehen jetzt Zäune der Unmenschlichkeit, hochgezogen von maroden, korrupten Systemen, die in der Zeit des Totalitarismus entstanden sind und fatal an die Abschottung der ehemals „kommunistischen“ totalitären Staaten gegen alle freiheitlichen Werte und Strukturen vorgehen und das mit Argumenten und Vorstellungen, die wir für längst überholt hielten.
Die Konsequenz für Deutschland ist ein gewaltiger Zustrom von Flüchtlingen aus den Krisenherden Asiens und Afrikas, der das Land vor beträchtliche Herausforderungen stellt. Leider gibt es auch bei uns viele, die dem „Wir schaffen das“ von Angela Merkel das „Wir schaffen das nicht“ entgegenstellen.
Die Welt schaut dabei durch die jeweilige nationale Brille und ist besorgt, irritiert, verständnislos. Man bewundert und schüttelt den Kopf, man hält die Deutschen für verrückt oder völlig durchgeknallt…
Wie wäre wohl ein Deutschland betrachtet worden, das seine Grenzen ebenfalls mit Stacheldraht gesichert und die Ströme der Menschen an Deutschland vorbeigeleitet hätte, nach Frankreich, Großbritannien…Wo hätten sich die Flüchtlinge gestaut…in Calais?
Welch eine grobe Verkennung der Wirklichkeit anzunehmen, dass Deutschland, bzw. Angela Merkel die Flüchtlinge eingeladen hätte. Die Vorstellungen der Kriegsflüchtlinge oder auch der Flüchtlinge aus dem Balkan von Deutschland als dem Land, von dem sie sich Rettung und Schutz oder auch wirtschaftliche Hilfe versprechen, sind schon lange vorher entstanden.
Viele andere europäischen Länder machen doch in der Tat den Eindruck, als bräuchten sie selbst dringend Hilfe und Unterstützung.
Deutschland ist im Moment das europäische Land, das seine Politik nicht darauf auslegen muss, einen großen Bevölkerungsanteil, der mit faschistischen, separatistischen oder isolationistischen Parteien sympathisiert, politisch zu bedienen.
Das heißt nicht, dass es in GB oder in Frankreich nicht auch genügend Menschen gäbe, die die Flüchtlinge unterstützen würden, aber die politische Polarisierung in diesen Ländern würde erheblich verstärkt, jedenfalls denken das die Politiker dort. Schon jetzt ist die Kontingentierung von Flüchtlingen in der EU gescheitert. Und mal ganz realistisch betrachtet: Wer möchte schon nach Polen, Ungarn oder in andere EU – Länder wo schon beim bloßen Gedanken an fremde Religionen und dunkle Hautfarbe Pogromstimmung aufkommt?
Allen, die die Handlungsweise Deutschlands kritisch, irritiert oder ablehnend sehen, sei gesagt: Es gab keine Wahl – die Flüchtlinge wollten nach Deutschland und sie an den Grenzen zurückzuweisen wäre ein beispielloser menschenfeindlicher Akt gewesen, der als weiterer Makel in die Geschichte Deutschlands eingehen würde. Alle in Europa profitieren von der Aufnahmebereitschaft Deutschlands. Was würde aus Politikern wie Orban zum Beispiel? Seine Politik würde doch unweigerlich zum Massensterben vor den Stacheldrähten führen. Ob er dann auch noch nach Bayern eingeladen würde? Wenn Deutschland die Menschen nicht aufnähme, würde die Politik der meisten anderen Staaten in ihrer Verantwortungslosigkeit klar und brutal vor Augen geführt.
Wenn jetzt in der Vorbereitung der gefühligsten aller bayrischen Veranstaltungen, der Tagung der CSU in Wildbad Kreuth, wieder für das nächste Jahr eine Obergrenze von 200 000 gesetzt wird, dann ist das in seiner politischen Verantwortungslosigkeit offensichtlich, denn diese Diskussion ist schon geführt. Natürlich muss man darauf hinarbeiten, dass Menschen ihre Heimat gar nicht erst verlassen wollen. Das war schon immer so. Ob das in Kooperation mit der Türkei geht, sei allerdings dahingestellt. Als Schutzsuchender wäre ich, wahrscheinlich im Gegensatz zu manchen Politikern, nicht gerne in der Türkei. Die Türkei ist übrigens auch kein verlässlicher Partner im Hinblick auf die Stabilität der Region.
Aber wenn ich mich auf den Weg machen würde in ein Land, in dem ich für mich und meine Familie Sicherheit und eine Perspektive vermutete, dann würde ich nicht die offiziellen Zählungen an der deutschen Grenze abwarten, sondern mich schon unmittelbar nach der Verkündung dieser Zahl auf den Weg machen.
Und wer will dann im Laufe des Jahres den Schutzsuchenden 200 001 abhalten nach Deutschland zu kommen? Und wenn der Asylsuchende dann abgewiesen ist, werden die Verantwortlichen dann die Hände waschen gehen wie Pontius Pilatus? Und was werden sie dabei sprechen?
Eine gute Nachricht angesichts aller Problematik ist: Keine Migrationsbewegung dauert ewig. Das zeigt die Geschichte. Allerdings wird es im Zeitalter der Globalisierung immer Migrationen geben. Die Menschen werden dorthin gehen, wo sie glauben ihre Interessen am besten verfolgen zu können, wo sie auf eine Ausbildung, einen Beruf hoffen können oder anders ausgedrückt, wo sie am ehesten glauben ihr Glück finden zu können. Dieser tiefe Wunsch aller Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, kommt in der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung in der Zeit der Masseneinwanderung aus Europa in der Formulierung des Grundrechts des „persuit of happiness“ zum Ausdruck.
Kann man optimistisch sein? Die Antwort ist ein klares Ja! Und zwar einfach, weil Optimismus notwendig ist, um zu erfolgreichen Lösungen zu kommen.
Reicht aber Optimismus allein aus, um Probleme zu lösen? Auf keinen Fall! Man kann auch glorreich scheitern. Doch Optimismus ist die Kraft, um die Hindernisse, die unweigerlich im Umgang mit schwierigen Situationen entstehen (und die Situation der Masseneinwanderung verursacht ohne Frage Probleme auf sehr vielen Ebenen) planerisch anzugehen und zu überwinden. Und erst die dauerhafte Auseinandersetzung mit der Situation kann die Grundlage dafür sein, sich ein Urteil zu bilden.
So sind die Äußerungen von ehrenamtlichen Helfern, die in Talkshows oder Reportagen zugeschaltet werden in der Regel positiver als die von Politikern, die in diesem Fall viel weiter von der „Wirklichkeit“ entfernt sind, die vielleicht eher den Stimmenanteil ihrer Partei im Auge haben und daher nicht immer darauf achten, wessen Interessen sie letztlich bedienen.
Die Helfer sagen auch nie: „Wir schaffen das nicht“. Sie stellten nur fest, dass eben Enthusiasmus alleine nicht genügt, dass die tägliche Situation, zum Beispiel auch die Konfrontation mit Behörden und Ämtern, Probleme schafft, die aber alle auch planerisch angegangen und gelöst werden können. Die Helfer sind in der Ebene des Alltags angekommen, ohne dabei den entfernten Horizont aus den Augen zu verlieren.
Wenn also ein Politiker vor die Presse tritt und sagt, das Problem sei nicht zu lösen, oder wenn er sagt: „Wir schaffen das nicht“, dann werden sich auch viele gar nicht erst bemühen, etwas zu einer Lösung des Problems beizutragen und solche Äußerungen stärken auch nur diejenigen, die kein Zutrauen in ihre eigenen Fähigkeiten haben oder die keine Fähigkeiten haben und stattdessen lieber oder ohne eine Wahl zu haben, Ängste vor Unbekanntem pflegen. Sie werden Galgen für Argumente halten, sie werden Brandsätzewerfen für eine urdeutsche Tugend halten, sie werden Hassparolen mit Lösungen verwechseln und sie werden jemanden suchen, der ihnen befiehlt, Gesichter in den Dreck zu treten….
Fazit:
Wir können der Wirklichkeit nicht durch die Flucht in die Vergangenheit oder in Vorurteile oder Ideologien ausweichen, wir müssen uns der Wirklichkeit stellen.
Die Zukunft gehört nicht den Zäunen, nicht den religiösen oder politischen Fanatikern, sie gehört denen, die mit offenen Augen, klarem Verstand und Selbstvertrauen Probleme lösen können.
Das Glück, in einem freien, wenn auch nicht perfekten Land geboren zu sein, in einer Gesellschaft, die reich ist, auch wenn das nicht auf alle zutrifft, verpflichtet uns, etwas davon anderen zu geben, etwas Positives aus unserem freiheitlichen, kulturellen und materiellen Wohlstand zu machen. So kann unsere Gesellschaft nur noch besser werden.
Das also, was direkt unserem Einfluss unterliegt, so wie es Wilhelm Busch in seinem Gedicht zum Jahreswechsel schreibt, das können wir verändern. Darin liegt wohlbegründet die Hoffnung:
Jede Gabe sei begrüßt,
doch vor allen Dingen
Das, worum du dich bemühst
möge dir gelingen.